Jeder kennt sie, keiner will sie. Wie schade!, denn sie ist uns ein sehr nützliches Kraut. Paracelsus soll gesagt haben: einem jeden wächst die Pflanze zu, die er am dringlichsten benötigt.
So macht es Sinn, einmal zu schauen, was die Nessel uns bringen kann. Hellgrün sprießt sie uns, bei mildem Wetter, bereits ab Februar entgegen und bietet uns fortan im ganzen Jahr Nützliches: das frische Kraut, die Samen und später im Herbst, ihre Wurzeln. In der Naturheilkunde schon lange traditionell verwendet, treibt sie den Harn, reinigt das Blut, regt den Stoffwechsel an, stärkt bei Erschöpfung, hilft gegen Rheuma, wirkt entzündungshemmend und krampflösend, regt die Durchblutung an (Brennhaare) und hilft, im Verbund mit Apfelessig gegen Haarausfall.
Alle oberirdischen Teile sind sehr Vitaminreich, vor allem Vitamin C, Mineralstoffe wie zB. reichlich Kieselsäure, Kaliumsalze, Eisen in einer für den Menschen gut verwertbaren Form, Flavonoide. In den Brennhaaren Amine wie Acetylcholin, Histamin, Serotonin, Ameisensäure. In den Früchten (Samen) bis zu 30% fettes Öl mit hohem Gehalt an Linolsäure, Vitamin E, Schleimstoffe. In den Wurzeln Lignane, Ceramide, Polysaccharide u.a.m.
Die (jungen) Blätter passen gut in jeden Kräutertee, blanchiert in jeden Salat, jedes Gemüse und sie peppen grüne Smoothies auf. Als Jauche angesetzt und verdünnt ausgebracht stärken sie jede Pflanze und verscheuchen Schädlinge.
Die Samen sind eine grüne Köstlichkeit; sie können „so“, frisch von der Nessel genascht werden oder auch trocknen – sie stärken und vitalisieren. Frisch, getrocknet oder leicht geröstet über den Salat oder Quark gegeben runden sie unsere Gerichte lecker ab.
Die Wurzeln wirken entzündungshemmend und krampflösend und sind sanfte Hilfe bei Beschwerden mit der Blase und Prostata. Die Wurzel zusammen mit Blättern und Apfelessig haben sich bewährt bei Haarausfall und sogar gegen Schuppen.
Die Wirkung der Brennhaare wurde traditionell gegen Rheuma und Arthrose eingesetzt; hierzu bündelte man die Pflanzenstiele und die Betroffenen schlugen damit auf die schmerzenden Areale. Vor allem das Histamin und die Ameisensäure „sorgen“ für die beißende Wärme, die eine langanhaltende Durchblutung zur Folge hat, was wiederum Ernährung bzw Abtransport von Abfallstoffen im Gewebe auslöst und so Linderung brachte.
Brennesseln wachsen fast überall: an Zäunen, Wegen, am Kompost, an Bahngleisen, auf Schotter, im Wald und fast auf der ganzen Welt mit einem weit verzweigten, sehr feinem Wurzelnetzwerk. Die Große Nessel kann bis zu 3,00 m hoch werden, die Kleine etwa halb so hoch. Sie ist immens widerstandsfähig; sie gedeiht, wenn andere Pflanzen schon längst aufgegeben haben – insofern ist sie uns auch eine Zeiger- oder Signaturenpflanze, die wir nutzen sollten, anstatt sie vernichten zu wollen, zumal sie eine sehr! wichtige Raupenfutterpflanze für die Schmetterlingsarten von Admiral und Tagpfauenauge, Distelfalter und Kleiner Fuchs ist.
Brennesseln dienten früher, genauso wie Hanf und Lein, dazu, um Gewebe herzustellen. Um 1930 herum wurde sogar extra eine Fasernessel gezüchtet. Auch heutzutage ist man wieder bemüht, Nesseln hierfür zu nutzen. Mit einem Blättersud kann man Wolle und Seide färben.
Reiner Brennesseltee wirkt harntreibend, blutreinigend, entzündungshemmend, hilft bei Hautkrankheiten; er schmeckt recht herbe Ein paar frische Blattspitzen, ca 3 TL mit 200 ml heißem (nicht kochenden) Wasser übergießen, etwa 10 Minuten ziehen lassen – 3x täglich für 4-6 Wochen.
Oder einen gemischten Kräutertee, was der Garten/ die Natur so hergeben und dann gleich eine ganze Kanne davon. Bei Ödemen auf Grund von eingeschränkter Herz- und/oder Nierentätigkeit erst nach Absprache mit Arzt/Heilpraktiker anwenden!
Die jungen Blätter/Triebspitzen lassen sich gut in Kräuterquark/-butter, Dips verwenden, in Salaten, Suppen wie in der Gründonnerstagssuppe oder in Spinat, in Pfannkuchen, Klößen, Risotto, Auflauf – Ihrer Phantasie sind hier keine Grenzen gesetzt! Für den Rohgenuss walkt man sie am besten zwischen 2 Lagen von Küchenpapier, um die Brennhaare unschädlich zu machen; beim Dünsten, kochen verlieren sie ihren Schrecken.
Die Samen schmecken grün und erinnern an Sesam. Sie würzen Salate, Suppen, Gemüsegerichte, Dips, Kartoffeln, Reis
Für die Jauche nimmt man 1 Kg zerkleinertes Kraut, 10 Liter Regenwasser mischen und locker abdecken, damit kein Insekt o.a. Tier hineinfällt, 14 Tage stehen lassen. Achtung: es riecht, weil sich das Kraut zersetzt. Abgießen, auspressen und im Verhältnis 1:10 mit Regenwasser verdünnen und damit den Wurzelbereich gießen – NICHT bei Sonnenschein!
Die leicht angetrockneten Blätter (ohne Wurzeln und Samen) eignen sich gut als Lebendmulch.
Autorin: Ina Pinzel, Gesundheitsberaterin